Shark 7

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Titel: Shark

Bewertet von: 7

OT/Synchro: OT (englisch) + Synchro

Rezension

Achtung, Spoiler weiter unten!

Beginnen möchte ich mit einem Zitat. James Woods sagte über das Drehbuch zur Serie, dass er so ein Drehbuch seit 10 Jahren nicht mehr gelesen hätte.
Eine treffende Beschreibung.
Shark hebt sich wohltuend von dem ganzen 0815 Criminal CSI & Order Kram ab, bei dem meist überaus gute Polizisten mit vielleicht einer oder zwei markanten Charaktereigenschaften Jagd auf Verbrecher machen.

Neben dem hervorragenden Ansatz, einen Anti-Helden zur zentralen Figur der Serie zu machen, überzeugt die Serie dadurch, dass sie Charaktere zeichnet, die keineswegs perfekt sind, sondern ihre Fehler haben. Auch Schwächen im Rechtssystem werden aufgedeckt, denn das System ist genauso wenig perfekt.
Die Hauptfigur der Serie ist Sebastian Stark, der den ultimativen Prototypen des verachtenswerten Anwalthais darstellt, der mit allen (il)legalen Tricks seine vornehmend reichen Mandaten vor dem Gefängnis bewahrt, seien sie noch so schuldig, was ihm den Spitznamen "Shark" einbrachte.
Nach einem Schicksalsschlag, ein von ihm herausgeboxter Mandant begeht einen Mord, verfällt Shark in eine tiefe Depression und nimmt schließlich das Angebot von Bürgermeister Delgado an, die Seiten zu wechseln.
Woods brilliert in der Rolle des Sebastian Stark, ein sarkastischer und zynischer Anwalt, der sich Recht und Moral so hinbiegt, wie es ihm (und seinem Bankkonto) gerade passt und der keinen Unterschied zwischen Recht und Unrecht macht - bis er die Seiten wechselt und sich als Staatsanwalt für eine gute Sache einsetzen will. Zunächst ändert sich jedoch nur die Berufsbezeichnung für ihn - er selbst verfährt weiter nach seiner Doktrin (Vor Gericht herrscht Krieg. Wer verliert ist tot.) und dabei ist ihm weiterhin jedes Mittel recht. Mit seinem Team von Anfängern kann er nicht so recht etwas anfangen, seine neue Chefin Jessica Devlin (Jeri Ryan) sieht er weiterhin als Gegnerin an und von der Entscheidung, seiner Tochter, bei ihm zu leben, ist er völlig überfahren. Die Einrichtung seines Büros trotzt er dem Bürgermeister beim Poker ab - die Vorliebe zum Pokern hat er wohl von seinem Schauspieler "geerbt".
Mit dem Fortschreiten der Serie kann Woods jedoch seine große Stärke ausspielen: das Verhalten seiner Figur ändert sich langsam und kaum merklich in Nuancen. Der Umgangston mit seinem Team wird weniger rau, er bemüht sich um seine Tochter, stellt sich plötzlich schützend vor Jessica und sieht den Kampf für Gerechtigkeit langsam nicht mehr als Krieg sondern als eine gute Sache an - auch wenn seine Methoden fragwürdig bleiben. Wer nicht genau aufpasst, wird diese Unterschiede kaum bemerken. Sah Stark am Anfang der Serie sein Team noch als einen Klotz am Bein an, bezeichnet er sie in der 2. Staffel als "Kinder", die er schützen möchte. Auch seinen Spitznamen "Shark" kann er nicht länger ertragen, da dieser ihn an seine Vergangenheit erinnert.
Bei allem Zynismus, die die Figur des Stark an den Tag legt, sind seine trockenen Einzeiler zum Brüllen komisch. Schauspielern künstlerische Freiheit zu lassen zahlt sich eben doch aus.
Die Präsenz von Woods in seiner Rolle ist großartig, sein Schauspiel brillant. Er stellt seine Figur perfekt dar - Stark ist am Anfang einer Szene noch nett und kann am Ende der Szene ein abgrundtief mieses Arschloch sein. Fast so, als der Part genau für ihn geschrieben worden (vielleicht wurde er das auch).
Auch der Rest des Cast weiß zu überzeugen - allen voran Jeri Ryan, Sie spielt die Rolle der Oberstaatsanwältin und Karrierefrau Devlin ganz fabelhaft - ein eindeutiges Highlight der Serie ist das Verhältnis zwischen Stark und Devlin. Am Anfang hassen sich beide noch heiß und innig um im Lauf der Serie so etwas wie eine Freundschaft zu entwickeln. Stark will sie nicht länger loswerden, sondern sie schützen.

Zugegebenermaßen variiert die Qualität der Fälle mit ihren Autoren, die Serie bleibt aber immer spannend und packend. Dass sich das Klientel der Spezialeinheit überwiegend in der Gesellschaftsschicht findet, die früher einmal Starks Kundenkreis war (es sind sogar einige tatsächliche Kunden darunter), ist ein weiterer Bonuspunkt. Wo man sich früher mit genug Kleingeld herauskaufen konnte, findet man nun in Stark einen ebenbürtigen Gegner, der die Praktiken seiner früheren Kollegen nicht länger dulden will.
Dass sich die Figur des Stark dabei jedoch nie um 180° dreht, hebt die Serie weiter von anderen ab.
Stark muss sich seiner Vergangenheit stellen und versteckt sie nicht länger, auch wenn das für ihn bedeutet, dass er vielleicht im Gefängnis dafür büßen muss.

Die Dynamik im Team ändert sich ebenfalls im Verlauf der Serie, aus Rivalen wird tatsächlich ein Team, auch wenn sich die verschiedenen Charaktere - von der Karrierefrau, die über Leichen geht, über den Latino, der den Beruf des Anwalts ergriffen hat, weil er wirklich etwas bewirken möchte, bis hin zu der Anwältin, die die Moral im Team hochhalten möchte, aber gleichzeitig fasziniert und abgestoßen von Stark ist - nie wirklich einer Meinung sind.
Starks Gegenspieler Wayne Callison ( hervorragend gespielt von Wayne Campbell) bringt eine ganz eigene Dynamik mit, seine teufliche Figur möchte sich nicht nur mit Stark messen, sondern ihm auch den Spiegel vorhalten.


Fazit: Ein echtes Juwel unter den Serien mit einem brillanten James Woods. 10/10.