Armin Mueller-Stahl

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Armin Mueller-Stahl (* 17. Dezember 1930 in Tilsit, Ostpreußen) ist ein deutscher Schauspieler, Musiker, Maler und Schriftsteller. Als einziger deutscher Filmschauspieler erhielt er in beiden deutschen Staaten und auch in Hollywoods Filmindustrie größte Anerkennung.

Leben

Kindheit

Mueller-Stahl ist das dritte von fünf Kindern eines ostpreußischen Bankbeamten. Er wuchs in einer kunstliebenden Familie auf, in der man malte, zeichnete und gemeinsam musizierte. Sein Vater wollte ursprünglich Schauspieler werden und führte an den Geburtstagen seiner Familie eigene Sketche auf. Mueller-Stahl erlebte eine unbeschwerte Kindheit bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, zu dem sein Vater eingezogen wurde. Am 1. Mai 1945 wurde sein Vater von deutschen Soldaten, wie er vermutet, umgebracht und er selbst am gleichen Tag von einem russischen Soldaten mit der Erschießung bedroht, wovor ihn in letzter Sekunde ein polnischer Landarbeiter noch bewahren konnte.[1]

DDR

Zunächst wollte er Geiger werden, seine Vorbilder waren für ihn Gerhard Taschner und David Oistrach. Er studierte Violine und Musikwissenschaft am Städtischen Konservatorium in Berlin, was er 1949 mit einem Examen als Musiklehrer abschloss. Dann wechselte er zur Schauspielerei. Zunächst wegen „mangelnder Begabung“ zum Studium abgelehnt, erhielt er dennoch 1952 nach einem Vorstellungsgespräch bei Helene Weigel sein erstes festes Engagement am Berliner Theater am Schiffbauerdamm. Seine Schauspielerkarriere beim Film begann 1960 mit dem Vierteiler Flucht aus der Hölle und dem im spanischen Bürgerkrieg spielende Drama Fünf Patronenhülsen, in dem auch sein Freund und Kollege Manfred Krug mitwirkte. In den nächsten Jahren stehen die beiden oft gemeinsam vor der Kamera, wie zum Beispiel in dem Film Kit&Co oder in der Stülpner-Legende. Er wurde zu einem gefeierten Charakterdarsteller in der DDR, wie zum Beispiel für seine Darstellung des indianerfreundlichen Weißen Chris Howard in dem DEFA-Indianerfilm Tödlicher Irrtum. In der Folgezeit avancierte er zu einem Publikumsliebling und wurde fünf Mal in Folge zum beliebtesten Schauspieler der DDR gewählt. Von 1973 bis 1975 verkörperte er einen MfS-Agenten in der beliebten Fernsehserie Das unsichtbare Visier, die als Gegenbild zur James Bond-Reihe angelegt war.[2] Als die Serie politischer konzipiert werden sollte, stieg Mueller-Stahl aus, was für ihn einen endgültigen Bruch mit der DDR bedeutete. Seine Unterschrift des offenen Briefes gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR Ende 1976 war nur noch ein letzter Schritt. Daraufhin wurden ihm zweieinhalb Jahre lang kaum noch Rollen angeboten. Die Zwangspause nutzte er mit der Niederschrift seiner Autobiographie Verordneter Sonntag. 1980 wurde Mueller-Stahls Ausreiseantrag nach West-Berlin genehmigt.

BRD und USA

In der Bundesrepublik knüpfte er nahtlos an die alten Erfolge an, 1981 spielte er die männliche Hauptrolle in Lola von Rainer Werner Fassbinder und in Der Westen leuchtet! von Niklaus Schilling. Mueller-Stahl war später im Gespräch für die Hauptrolle der Fernsehserie Schwarzwaldklinik. Auch andere Fernsehserien wie Der Alte interessierten ihn nicht, stattdessen nahm er Rollen in Autorenfilmen der deutschen Filmemacher Herbert Achternbusch, Alexander Kluge und Hans-Christoph Blumenberg an. Ebenso engagierten ihn international bekannte Regisseure wie Andrzej Wajda oder Patrice Chéreau für ihre Filme.

Obgleich er noch kaum Englisch beherrschte, entschloss sich Mueller-Stahl Ende der 1980er-Jahre zu einem weiteren Neubeginn in den USA. Bei seinem ersten Film-Engagement Music Box – Die ganze Wahrheit (1989) von Costa Gavras behalf er sich mit Tricks wie etwa der phonetischen Nachahmung des Englischen, bei jeder Aufnahme die Betonung variierend, und dem langsamen Vortrag eines Monologs, dabei intensiv die Angesprochenen und schnell die Textvorlage anschauend, was er sich von Helmut Schmidts parlamentarischen Reden abgeschaut hatte.[3] Er spielte einen ungarischen Einwanderer, der in den USA angeklagt wird, Mitglied bei den Pfeilkreuzlern gewesen zu sein und in Budapest kurz vor Kriegsende eigenhändig Juden ermordet zu haben. Mueller-Stahl verstand es, bis kurz vor Schluss die Schuld oder Unschuld des Emigranten offen zu lassen. Mit diesem Hollywood-Debüt konnte er einen internationalen Erfolg verzeichnen.

Große Anerkennung erntete er 1990 für seine tragisch-komische Darstellung des polnisch-jüdischen Großvaters Sam Krichinsky in seinem zweiten Hollywood-Film Avalon. Im Episodenfilm Night on Earth (1991) spielte er den ostdeutschen Taxifahrer und früheren Zirkusclown Helmut Grokenberger, der in New York sein Glück versucht. Hier konnte Armin Mueller-Stahl auch sein komödiantisches Talent unter Beweis stellen. Für die Rolle des fordernd-überforderten Vaters des Pianisten David Helfgott in Shine – Der Weg ins Licht wurde er 1997 mit einer Oscar-Nominierung geehrt.

Als Mueller-Stahl Einblick in seine Stasi-Akten nahm, musste er feststellen, unter anderem von seinem besten Freund an die Staatssicherheit verraten worden zu sein. Dies war für ihn der Anlass, nie wieder in Deutschland heimisch werden zu wollen. Dennoch hält er bis heute ein Gesprächsangebot an ihn aufrecht und schützt ihn mit seiner Verschwiegenheit. Heute ist ihm Kalifornien zur zweiten Heimat geworden, neben dem gleichmäßig warmen Klima erfreut ihn auch die Abwesenheit einer steten Erinnerung an die dunklen Seiten der DDR-Vergangenheit. Er wohnt in Pacific Palisades nahe der ehemaligen Wohnung von Thomas Mann.

Trotz seines Erfolgs auch in Hollywood kehrte er immer wieder nach Deutschland zurück. So etwa übernahm er die Hauptrolle des Thomas Mann in dem Fernseh-Dreiteiler Die Manns – Ein Jahrhundertroman. Diese Darstellung wird mitunter als die gelungenste seiner Karriere angesehen.

Mueller-Stahl legte mit Gespräch mit dem Biest (1996) seine erste und bisher einzige Regie-Arbeit vor. Er schrieb bereits einige Romane und Erzählungen. Weiterhin präsentierte Mueller-Stahl seine Zeichnungen und Aquarelle schon in mehreren Ausstellungen, 2001 fand die erste Präsentation im Filmmuseum Potsdam statt, später auch im Lübecker Buddenbrookhaus und anderen Orten. Seine Zeichnungen entstanden vor allem in den Drehpausen am Filmset. Während er sich beim Filmschauspiel immer sehr eingebunden fühle, wären das Malen und Schreiben die einzigen Momente, wo er „wirklich fliegen“ könne.[4]

Am 30. September 2006 kündigte er seinen Abschied aus dem Filmgeschäft an. Als Gründe für seinen Ausstieg gab er unter anderem an, dass die spektakuläre Bekanntheit und die außergewöhnlich hohe Bezahlung von Schauspielern und Produzenten heutzutage nicht mehr die Qualität deren Leistungen noch das tatsächliche Können widerspiegelt. Nach den Dreharbeiten wolle er sich dann ganz der Malerei, der Musik und der Förderung junger Künstler widmen.[5] Es folgten die Buddenbrooks-Verfilmung von Heinrich Breloer und eine Hauptrolle in Cronenbergs Tödliche Versprechen. Entgegen den häufig in der Presse geäußerten Vermutungen eines völligen Rückzugs betonte Mueller-Stahl, dass er bis zu seinem Lebensende gute Rollen spielen möchte, jedoch mit abnehmender Häufigkeit.[4] Bei seinen Lesungen mit dem Motto Bin schon Gaukler 50 Jahr..., einen Anfang seiner Gedichte zitierend, wird er von der Violinistin Sarah Spitzer und dem Pianisten Mike Jin begleitet.

2007 gestaltete Mueller-Stahl mit fünf Lithografien die Buchrücken einer auf 999 Exemplare begrenzten Sonderausgabe der 30-bändigen Brockhaus Enzyklopädie à 5.000 €.[6] [7]

Armin Mueller-Stahl ist seit 1973 in zweiter Ehe mit der Fachärztin für Dermatologie Gabriele Scholz verheiratet[8] und hat mit ihr einen Sohn (Christian, * 1974).[9] Er wohnt abwechselnd an der kalifornischen Küste, an der Ostsee und in Berlin.

Auszeichnungen

Werke

  • Verordneter Sonntag. Severin und Siedler, Berlin 1981, 234 S.
  • Unterwegs nach Hause. Erinnerungen. von Schröder, Düsseldorf 1997, 227 S., Neuauflage: Aufbau-Verlag, Berlin, ISBN 3-7466-2196-8
  • In Gedanken an Marie-Louise. Eine Liebesgeschichte. List, München 1998, 238 S., Ill.
  • Armin Mueller Stahl – Malerei und Zeichnung. Katalog zur Ausstellung im Kulturforum Burgkloster zu Lübeck und im Buddenbrookhaus (Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum), 17. November 2001 bis 20. Januar 2002. Lübeck: Kulturforum Burgkloster, 64 S., 62 farbige Abb., ISBN 3-9807752-1-6
  • Armin Mueller Stahl – Urfaust. Katalog zum gleichnamigen Mappenwerk, 60 S., 21 Abb. in s/w, Verlag Kunsthaus Lübeck 2003, ISBN 3-923475-37-3
  • Armin Mueller Stahl – Night on Earth – Day on Earth. Zweisprachiger Katalog zur Ausstellung in der Villa Aurora, 80 S., Abb. in s/w u. farbig, Verlag Kunsthaus Lübeck 2003, ISBN 3-923475-97-7
  • Hannah. Erzählung. Aufbau, Berlin 2006, 134 S., ISBN 3-7466-2224-7
  • Rollenspiel. Ein Tagebuch während der Dreharbeiten zu dem Film „Die Manns. J. Strauss, Potsdam 2001, 226 S., 113 Abb., ISBN 3-929748-24-X
  • Venice. Ein amerikanisches Tagebuch. Aufbau, Berlin 2005, 141 S., ISBN 3-351-02609-9
  • Kettenkarussell. Aufbau, Berlin 2006, 152 S., ISBN 3-351-03083-5 (Besprechung [15])
  • Portraits. Malerei und Zeichnung. Aufbau, Berlin 2006, 157 S., ISBN 3-351-02641-2
  • Die Buddenbrooks - Übermalungen eines Drehbuchs. Mit Texten von Heinrich Breloer, Herwig Guratzsch und Armin Mueller-Stahl. Henschel, Berlin 2008, gebunden, ISBN 978-3-89487-634-0

Literatur

  • Gabriele Michel: Armin Mueller-Stahl – Die Biografie. Ein intimes Porträt des großen Charakterdarstellers. List, München 2000
  • Volker Skierka: Armin Mueller-Stahl. Begegnungen. Eine Biografie in Bildern. Knesebeck, Berlin 2002, ca. 240 S., 200 farb. und s/w Abb., Geb., ISBN 3-89660-139-3


Filmographie

Die Zeit: „Seit Anfang der achtziger Jahre haben Sie über 80 Filme gedreht. Liegt [sic] Ihnen alle am Herzen?“
Mueller-Stahl: „Nee, ich würde sagen: Ich habe acht oder zehn außergewöhnlich gute Filme in meinem Leben gemacht.“ [16]
  • Bronsteins Kinder (1991)
  • Kafka (1991)
  • Le Gorille (1990, TV)
  • Avalon (1990)
  • A Hecc (1989)
  • Music Box – Die ganze Wahrheit (1989)
  • Das Spinnennetz (1989)
  • Schweinegeld (1989)
  • Tagebuch für einen Mörder (1988, TV)
  • Killing Blue (1988)
  • Franza (1987, TV)
  • Amerika (Fernsehserie) (1987, TV)
  • Der Joker (1987)
  • Jokehnen – oder Wie lange fährt man
    von Ostpreußen nach Deutschland (1987)
  • Gauner im Paradies (1986) (TV)
  • Momo (1986), mit Mario Adorf, Radost Bokel
  • Auf den Tag genau (1986) (TV)
  • Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit, Regie: Alexander Kluge (1985)
  • Bittere Ernte (1985)
  • Hautnah (1985) (TV)
  • Unser Mann im Dschungel (1985) (Video-Titel: Amazonas Mission)
  • Vergeßt Mozart (1985)
  • Die Mitläufer (1985)
  • Oberst Redl (1985)
  • Tausend Augen (1984)
  • Glut (1984)
  • Rita Ritter (1984)
  • Tatort – Freiwild (1984, TV)
  • Eine Liebe in Deutschland (1983)
  • Ruhe sanft, Bruno (1983, TV)
  • Trauma (1983)
  • L'Homme blessé (1983)
  • Un dimanche de flic (1983)
  • An uns glaubt Gott nicht mehr (1982, TV)
  • Ausgestoßen (1982) (TV)
  • Der Fall Sylvester Matuska (1982, TV)
  • Flucht aus Pommern (1982, TV)
  • Die Flügel der Nacht (1982)
  • Die Gartenlaube (1982, TV)
  • Ich werde warten (1982, TV)
  • Viadukt (1982)

Dokumentarfilme

  • Armin Mueller-Stahl - höchstpersönlich! Dokumentation, 2007, 27 Min., ein Film von Lilly Engel, Produktion: Radio Bremen, Erstausstrahlung: 29. Dezember 2007, Inhaltsangabe der ARD
  • Armin Mueller-Stahl. Gespräch, 2007, 5:28 Min., Produktion: arte - Metropolis, Erstsendung: 12. Februar 2007, online-Video von arte
  • Deutschland, deine Künstler: Armin Mueller-Stahl. Dokumentation, 2008, 45 Min., ein Film von Inga Wolfram, Produktion: SWR, WDR, Erstausstrahlung: 2. Juli 2008, Inhaltsangabe der ARD, Interview und Kommentar zur ARD-Dokumentation: [17], Online-Video, 25 Min.
  • Gero von Boehm begegnet... Armin Mueller-Stahl. Gespräch, 2008, 45 Min., Produktion: interscience productions, 3sat, Erstausstrahlung: 1. Dezember 2008, Inhaltsangabe von 3sat mit Filmausschnitten (Windows Media Player erforderlich)

Synchronisation

Als Synchronsprecher lieh er unter anderem Roy Scheider in Tödliche Umarmung (Last Embrace, 1979) und Louis Zorich in Tod eines Handlungsreisenden (1986) seine Stimme. Auch hatte er die Rolle des Erzählers in Roland Emmerichs 10.000 B.C. inne (im Original: Omar Sharif).

Quellen

  1. „Aus dem Leben eines Gauklers: Armin Mueller-Stahl bei den Berliner Lektionen“, Berliner Festspiele, 14. Januar 2003
  2. „Jagd auf 007“, einestages, 5. August 2008
  3. In: Deutschland, deine Künstler: Armin Mueller-Stahl. Dokumentation, 2008, 45 Min., ein Film von Inga Wolfram, Produktion: SWR, WDR, Erstausstrahlung: 2. Juli 2008, Inhaltsangabe der ARD
  4. 4,0 4,1 „Mich interessieren die Geldleute null“, Planet Interview, 27. Dezember 2008
  5. „Verkommene Filmbranche: Armin Mueller-Stahl macht Schluss“, Spiegel Online, 1. Oktober 2006, Wiedergabe eines BamS-Interviews
  6. „Ein bisschen Marc, ein wenig Picasso und viel Mueller-Stahl“, Mannheimer Morgen, 11. Oktober 2007
  7. Bilder: Mueller-Stahl vor Brockhaus | Brockhaus II, ARD
  8. Biografie auf film-zeit.de
  9. „Die Lust an der Verwandlung“, Das Ostpreußenblatt vom 16. Dezember 2000
  10. „Bremer Hansepreis für Armin Mueller-Stahl“, ZDFtheaterkanal, September 2005
  11. Armin Mueller-Stahl erhält Carl-Zuckmayer-Medaille, 18. Januar 2006
  12. „Die Goldene Feder 2008“, Bauer Verlag, 23. Mai 2008
  13. „Mendelssohn-Preis für Schmidt, Chailly und Mueller-Stahl“, MDR, 3. Februar 2009
  14. „Kunst muss gutmachen, was Politiker versauen“, dpa / Nordwest-Zeitung, 28. Februar 2009
  15. Susanna Gilbert-Sättele: „Närrische Träume von den Schattenseiten.“ Armin Mueller-Stahls kafkaeske Erzählungen, dpa / Mittelbayerische Zeitung, 14. November 2006
  16. „Die Rollen meines Lebens“, Die Zeit, 16. Februar 2006, Nr. 8, Interview
  17. Interview und Kommentar zur ARD-Dokumentation 2008: „Medien werfen Gedanken weg“, Kölner Stadt-Anzeiger, 30. Juni 2008

Weblinks

Commons Commons: Armin Mueller-Stahl – Bilder, Videos und Audiodateien
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Bio- und Filmographien


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